Marseille: Rau, herzlich und voller Leben
Frankreichs älteste Stadt zwischen mediterranem Flair, urbaner Kultur und dem pulsierenden Alten Hafen.

Marseille hat diesen Ruf, etwas rauer zu sein, vielleicht nicht so poliert wie andere Städte an der Riviera. Aber genau das macht für mich einen Teil des Reizes aus. Es ist Frankreichs älteste Stadt, ein Schmelztiegel der Kulturen direkt am Mittelmeer, voller Energie und mit einem ganz eigenen Charakter.
Ankommen am Vieux-Port: Das Herz von Marseille
Der erste Ort, der einen in Marseille unweigerlich anzieht, ist der Vieux-Port, der Alte Hafen. Hier schlägt das Herz der Stadt. Schon frühmorgens herrscht geschäftiges Treiben, wenn die Fischer ihren Fang direkt von den Booten verkaufen – ein archaisches, aber faszinierendes Schauspiel inmitten der modernen Stadt. Tagsüber legen von hier die Ausflugsboote ab, und die unzähligen Cafés und Restaurants entlang des Kais füllen sich. Man kann sich hier wunderbar einfach hinsetzen, vielleicht bei einem Kaffee oder einem Pastis, dem typischen Anisschnaps der Region, und dem bunten Treiben zusehen: den schaukelnden Booten, den flanierenden Menschen, den Möwen, die über dem Wasser kreisen.
Le Panier: Ein Streifzug durch die Altstadtgassen
Direkt hinter dem Hafen beginnt Le Panier, das älteste Viertel von Marseille. Und es fühlt sich auch so an. Ein Labyrinth aus engen, oft steilen Gassen windet sich zwischen bunten Häuserfassaden hindurch. Man entdeckt kleine Plätze, versteckte Treppen, unabhängige Boutiquen und Ateliers von Kunsthandwerkern. Überall findet man Street Art, die den alten Mauern neues Leben einhaucht. Es hat eine leicht alternative, kreative Atmosphäre. Man kann hier wunderbar ziellos umherstreifen und stolpert dabei unweigerlich über Orte wie die Vieille Charité, ein beeindruckendes Barockgebäude, das früher ein Armenhaus war und heute Museen beherbergt, oder die riesige, gestreifte Cathédrale La Major, die fast unwirklich am Rande des Viertels zum Meer hin thront. Ein Spaziergang durch Le Panier ist wie ein Eintauchen in das alte, sich aber ständig neu erfindende Marseille.
Der Blick von Oben: Notre-Dame de la Garde
Über der Stadt wacht die Basilika Notre-Dame de la Garde, von den Einheimischen oft "La Bonne Mère", die gute Mutter, genannt. Sie steht auf einem Hügel und wacht quasi über Marseille. Der Weg nach oben ist steil, egal ob zu Fuß oder mit dem Bus (Linie 60 vom Vieux-Port), aber die Mühe lohnt sich vielfach. Die Basilika selbst ist innen reich mit Mosaiken verziert, die oft maritime Motive zeigen. Aber das eigentliche Highlight ist der 360-Grad-Panoramablick. Man sieht die ganze Stadt unter sich ausgebreitet, den riesigen Hafen, das glitzernde Mittelmeer und die vorgelagerten Inseln. Besonders bei klarem Wetter und im Licht der späten Nachmittagssonne ist dieser Ausblick einfach atemberaubend.
Essen in Marseille: Die Bouillabaisse und mehr
Marseille und Essen – da denkt man natürlich sofort an Bouillabaisse. Dieser berühmte Fischeintopf ist eine Institution. Eine echte Bouillabaisse wird traditionell in zwei Gängen serviert (erst die Suppe mit Brot und Rouille, dann die verschiedenen Fischstücke) und hat ihren Preis, aber wenn man sie in einem guten Restaurant am Hafen probiert, ist es ein echtes Erlebnis. Abgesehen davon prägen natürlich frische Meeresfrüchte die Küche. Und überall stößt man auf den Duft von Kräutern der Provence oder kann ein Glas Pastis als Aperitif genießen. Auch die Navettes, ein traditionelles, oft mit Orangenblütenwasser aromatisiertes Gebäck in Schiffchenform, sollte man mal probieren. Ein Abendessen in einem Restaurant am Vieux-Port mit Blick auf die beleuchteten Boote hat eine tolle Atmosphäre.
Natur pur: Die Calanques vor den Toren der Stadt
Ein starker Kontrast zur lebhaften Stadt ist die Natur direkt vor den Toren Marseilles: der Nationalpark Calanques. Das sind tiefe, fjordartige Buchten, die sich in die steilen, weißen Kalksteinfelsen eingeschnitten haben. Das Wasser hier leuchtet oft in einem unglaublichen Türkisblau. Man kann die Calanques auf Wanderwegen erkunden (festes Schuhwerk ist Pflicht!), die immer wieder spektakuläre Ausblicke bieten. Eine andere Möglichkeit ist eine Bootstour vom Vieux-Port aus, bei der man verschiedene Buchten vom Wasser aus sieht. Einige Calanques, wie die bekannte Calanque d'En-Vau, haben auch kleine Strände oder Felsplateaus, wo man baden kann. Dieser Ausflug in die Natur, so nah an der Großstadt, ist wirklich etwas Besonderes. Man sollte sich aber im Sommer unbedingt vorab informieren, ob die Wanderwege wegen Brandgefahr zugänglich sind.
Marseille – Eine Stadt mit Ecken und Kanten
Marseille ist vielleicht nicht auf den ersten Blick so poliert wie andere Städte an der Côte d'Azur. Es ist lauter, manchmal etwas chaotischer, aber genau das macht seinen Reiz aus. Es ist eine echte, lebendige Hafenstadt mit einer spannenden Mischung aus Kulturen, Geschichte und mediterraner Lebensart. Mir hat genau diese ungeschönte Authentizität gefallen. Es ist eine Stadt, die lebt und die man mit allen Sinnen erfahren kann.
Praktische Tipps für Marseille:
Ein paar Dinge, die nützlich sein könnten: Die beste Reisezeit ist wohl Frühling oder Herbst, um der Hitze und den Menschenmassen im Sommer zu entgehen. Für die Fortbewegung in der Innenstadt reichen die eigenen Füße oft aus, ansonsten gibt es Metro und Busse. Wer die Calanques besuchen will, sollte die Tour gut planen (Wetter, Wasser mitnehmen, Öffnung der Wanderwege prüfen!). Bezüglich Sicherheit gilt, was in jeder Großstadt gilt: Aufmerksam sein, besonders am Bahnhof und in touristischen Bereichen. Und auch wenn viele Englisch verstehen, freuen sich die Einheimischen über ein paar Worte Französisch.
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